Außenskulpturen

Das Ludwig Museum nutzt neben seinen Ausstellungsräumen den angrenzenden Park als ständige Ausstellungsfläche für markante Skulpturen der Sammlung. Auch hier gibt es jede Menge zu entdecken und zu genießen.

Der Blumenhof liegt unweit des kulturträchtigen Ortes am Zusammenfluss von Rhein und Mosel und breitet sich um die Basilika St. Kastor herum aus. Die Anlage ist in drei Bereiche gegliedert, die zur BUGA 2011 neu gestaltet wurden: Der Hof des Ludwig Museums im Deutschherrenhaus mit der ehemaligen Kapelle, der „Skulpturenpark“ – ein Ort, an dem Kunst und Skulpturen im Kontext zum Museum präsentiert werden – sowie dem „Blütenhof“ zwischen Ludwig Museum und der Basilika St. Kastor. Der südliche Hof der Kastorkirche greift als einer der besinnlichsten Orte in Koblenz das mittelalterliche Thema des  „hortus conclusus“ (lat. geschlossener Garten) auf. Sinnbildlich für die Heilige Jungfrau Maria wurde der „Paradiesgarten“ als ein von Hecken umfriedeter, stiller Ort mit ausgewählten Pflanzen aus der Mariensymbolik rund um ein Wasserbecken gestaltet, das Reinheit symbolisiert.

Einzelne Besucher und auch ganze Gruppen lassen sich regelmäßig vor der Césars Bronzeplastik „Le Pouce/ Der Daumen“ ablichten, dessen zwölf Meter hohes Pendant am modernen Pariser Hochhausviertel La Défense steht. Die Installation „Dépôt de mémoire. Stätte des Vergessens und Erinnerns“ von Anne und Patrick Poirier und HD Schraders Bauminstallation „Cubes and Trees“ bieten von der Museumsterasse aus einen günstigen Blick auf das Kaiserdenkmal am Deutschen Eck und dem Verlauf des Rheins. Von hier aus hat der Besucher eine wunderbare Sicht auf die Festung Ehrenbreitstein und auf das legendäre Feuerwerk bei „Rhein in Flammen“.

César, Le pouce (1965)

Dem Daumen, der in mehreren Auflagen in verschiedenen Größen in Bronze gegossen wurde, liegt ein Original in orangerotem Polyester von 41 cm Höhe aus dem Jahr 1965 zugrunde. Anlass dieser Arbeit war laut César eine Aufforderung seines Galeristen Claude Bernard, sich an einer Ausstellung zum Thema „Hand“ zu beteiligen. Abgeformt wurde in der heutigen Plastik der authentische Daumen Césars selbst. Assoziationen an die berühmte Daumen-Geste des römischen Feldherrn Gaius Julius Cesar seien, so der Künstler, durchaus erwünscht. Versionen des Daumens aus unterschiedlichen Materialien in diversen Größen wurden 1968 auf der documenta IV in Kassel aufgestellt. Der Koblenzer Daumen wurde in den frühen 1970er Jahren von Bocquel für die vierte Bronzefassung gegossen. Dieser Version folgten noch zwei Einzelstücke, ein sechs Meter hoher Daumen für die Stadt Seoul und ein zwölf Meter hohes Exemplar für das Pariser Büroviertel La Défense.

César: Der Daumen (Le Pouce), 1965, Bronze, 240 x 140 x 105 cm, Sammlung Ludwig Koblenz, Schenkung der Sammlung Ludwig, Aachen 2012, Inv.Nr LM 1993/77, Copyright: César 2022. © Bogdan Harstall
César: Der Daumen (Le Pouce), 1965, Bronze, 240 x 140 x 105 cm, Sammlung Ludwig Koblenz, Schenkung der Sammlung Ludwig, Aachen 2012, Inv.Nr LM 1993/77, Copyright: César 2022. © Bogdan Harstall

Heiner Meyer, »Garden Kelly« (2013) und »Change« (2014)

Die zwei Skulpturen aus Cortenstahl des internationalen Künstlers Heiner Meyer greifen die Themensprache der Pop- Art auf: Provokation und Ironisierung von Alltagsgegenständen durch Übergröße. Seine Motive beschränken sich dabei jedoch nicht wie bei Andy Warhol auf einfache Konserven, sondern Luxusgüter wie Handtaschen und andere Modeartikel sowie Berühmtheiten aus Hollywood. Hierbei handelt es sich zum einen um die durch Grace Kelly bekannt gewordene „Kelly Bag“ von Hermés. Das klassische Orange dieser Handtasche findet in der rostigen Oberfläche der Skulptur Ausdruck. Daneben steht versetzt ein Chanel-No.5- Flacon mit der Stanzung „Change“.

Garden Kelly, 2013 und Change, 2014, © Ludwig Museum Koblenz, Foto: Klara Müller
Garden Kelly, 2013 und Change, 2014, © Ludwig Museum Koblenz, Foto: Klara Müller

Bernar Venet , 24.5° Arc x 5 et 225° Arc x 5 (2011)

Die Skulptur 224.5° Arc x 5 et 225° Arc x 5 des Franzosen Bernar Venet ist seit 2011 in direkter Umgebung des Ludwig Museums Koblenz aufgestellt. Zwischen Ludwig Museum und Kaiser-Wilhelm-Denkmals steht die aus Stahlbarren hergestellte monumentale Skulptur. In Bernar Venets Werken zeigt sich seine Faszination für grobe Materialien, so stellte er in seinen Anfängen unter anderem Gemälde aus Teer her. Diese groben Materialien sollen im Endergebnis sichtbar bleiben: „Mir liegt daran, in meinen Plastiken die natürliche Energie ihrer anatomischen Masse, ihr Verhältnis zur Schwere zu bewahren, das zu respektieren, was ihre Eigenschaften ausmacht: den Unterschied, die Identität.“(Perlein, Gilbert: Gespräch mit Bernar Venet. In: Bernar Venet. Rètrospective. 1963–1993. Wilhelm Hack Museum, Ludwigshafen am Rhein 1993. S. 48.)

BERNAR VENET: 224.5° ARC X 5 ET 225° ARC X 5, 2007, Corten Stahl, 410 x 415 x 90 cm, Sammlung Ludwig Museum, Koblenz © VG Bild-Kunst Bonn, 2022
BERNAR VENET: 224.5° ARC X 5 ET 225° ARC X 5, 2007, Corten Stahl, 410 x 415 x 90 cm, Sammlung Ludwig Museum, Koblenz © VG Bild-Kunst Bonn, 2022

Anne und Patrick Poirier, Dépôt de mémoire. Stätte des Vergessens und Erinnerns (1992)

Die Außenskulptur des französischen Künstlerpaares Anne und Patrick Poirier begreift sich in ihrer antikisierenden Form als Referenz zu den historischen Stätten des Deutschen Eck und des Kaiserdenkmals. Sie entspricht aber auch dem künstlerischen Konzept von Anne und Patrick Poirier, anhand von erdachten archäologischen Stätten und Fundorten eine neue, sehr poetische Dimension von historischer Erinnerungs- und zeitgenössischer Erschließungsarbeit zu vollziehen. Mit großen Marmorblöcken und -Quadern  inszenieren die Poiriers einen Ort, an dem scheinbar Historie  bereits stattgefunden hat, die sich anhand steinerner Relikte überliefern. In römischen Lettern finden sich dort Notate wie „Worte sind Schatten“, „Finsternis“, Amnesie“, Mnemosyne“, „Oculus Memoriae“. Erinnern und Vergessen stehen sich gegenüber. Dass Anne und Patrick Poirier ihre eigene Inszenierung eng mit der Mythologie verankert wissen wollen, betont vor allem das Wort „Mnemosyne“, mit dem sie auf die griechische Göttin der Erinnerung verweisen. Die Inszenierung der Poiriers leistet überdies gedanklich einen Brückenschlag zu den Römern am Rhein und Mosel, zur Wurzel der abendländischen Kultur in der klassischen Antike. Sie transferiert somit verschiedenste Ebenen der Historie in eine neue Zeitdimension von Gegenwart.

Anne und Patrick Poirier, Dépôt de mémoire et d'oubli. Stätte der Erinnerung und des Vergessens, 1992 © Ludwig Museum Koblenz, VG Bild-Kunst Bonn 2022
Anne und Patrick Poirier, Dépôt de mémoire et d'oubli. Stätte der Erinnerung und des Vergessens, 1992 © Ludwig Museum Koblenz, VG Bild-Kunst Bonn 2022

Martine Andernach, Die Drei Grazien (2011)

An einem schattigen Platz im Hof vor dem Deutschherrenhaus, unmittelbar neben dem Eingang zum Blumenhof, führen seit Frühjahr 2020 „Die Drei Grazien“ ihren Tanz auf. Bereits zur Bundesgartenschau 2011 war die Skulptur im Garten der Basilika St. Kastor aufgestellt.

Martine Andernach (*1948, Rang du Fliers, Frankreich) greift mit der Figurengruppe ein beliebtes Bildmotiv aus der römischen Mythologie auf – als Beispiel sei hier auf das weltberühmte Gemälde Sandro Botticellis („Primavera“) hingewiesen. Andernach reduziert die drei Figuren, die in der Kunst häufig im Kreis stehend oder tanzend dargestellt werden, auf einfache schnörkellose Körper, die dennoch den Bezug zur menschlichen Physiognomie herstellen. Durch das Nebeneinander von geraden, nahezu starren Linien und geschwungenen Formen verleiht Andernach den drei Grazien gleichzeitig Anmut und gibt ihre tänzerische Bewegung  wieder. Die Köpfe der Figuren sind einander zugewand, bereit sie in ihrem schattigen Versteck tuschelnd zusammenzustecken.

Sean Scully, Shadowing Stack (2018)

Die 4,40 Meter hoch aufragende und 7 Tonnen schwere Skulptur „Shadowing Stack“ (2018) ist ein Werk des irisch-amerikanischen Künstlers Sean Scully (*1945 Dublin, Irland) und reiht sich ein in eine Vielzahl von Skulpturen, die er in den vergangenen Jahren realisiert hat. Die Facetten reichen von gemauerten Skulpturen im Yorkshire Sculpture Park (GB), im Park des Château La Coste (Fr) bis hin zu seiner farbig gefassten „himmelwärts“ strebenden Skulptur „Human“ im Rahmen der Biennale in Venedig 2019, die er im Kloster und in der Kirche von San Giorgio Maggiore ausgestellt hat, sowie zu farbig gefassten Plastiken aus Muranoglas (Schweden), wie auch ganz in Zink oder aus Holzbarren gestaltet. Skulpturen bei Sean Scully lassen sich mühelos in Beziehung setzten zu seinem grafischen wie malerischen Werk, bilden aber eine eigenständige Gattung und interagieren unmittelbar mit dem Landschaftsraum oder dem urbanen Umfeld.

„Shadowing Stack“ ist die dritte und neueste Schenkung des Künstlers an das Ludwig Museum Koblenz und repräsentiert zugleich das wichtigste Schenkungskonvolut eines international bedeutenden Künstlers innerhalb der letzten Jahre in Rheinland-Pfalz.

Sean Scully ist für seine oftmals großformatigen Gemälde bekannt, in denen er horizontale und vertikale Linien, breit angelegte Rechteckquader malend zu- und gegeneinandersetzt und diese in mal erdig satten Farben, dann wiederum leuchtend und hellgrundiger erscheinen lässt. Dabei sind Sean Scully insbesondere jene Orte wichtig, an denen er gewohnt und gearbeitet hat. Ihre Geschichte in sich aufzunehmen und in einen eigenen Dialog mit ihr zu treten, vermag auch die neu aufgestellte Skulptur „Shadowing Stack“ auf der Rasenfläche nahe des Ludwig Museums, die sich der Magie des historischen Ortes der ehemaligen Kommende des Deutschen Ordens, der bis in die Romanik zurückreichenden Sankt Kastor Kirche, der aus dem Mittelalter stammenden Stadtmauer und dem im 19. Jahrhundert künstlich angelegten „Deutschen Eck“ mit dem Reiterstandbild Kaiser Wilhelm I. nicht zu entziehen.

Der Aufstellungsort der Skulptur wurde mit Bedacht gewählt. Im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen der BUGA 2011 wurden hier die ursprünglichen Umrisse der Kirche des Deutschen Ordens im Rasenstück „nachgezeichnet“. Dieser Kirche angegliedert war auch eine Kapelle, deren Ruinen noch vorhanden und Reste ursprünglicher Wandmalereien erahnbar sind. Sean Scullys Skulptur ermöglicht nun über die Sichtachsen und horizontalen Linien eine Beziehung zum unmittelbaren Umfeld herzustellen: zu dem in sich geschlossenen, von der ehemaligen Stadtmauer eingefassten Garten, zu den Relikten der ursprünglichen Kapelle und vor allem zur Sankt Kastor Basilika, deren hoch aufragende Türme einen Gegenpol zum errichteten Cortenstahl-„Stack“ bildet. Auffällig an diesem sind zudem die unterschiedlich vor- und zurückspringenden Linien, die insbesondere durch den Lichteinfall eine hohe Plastizität entfalten und deren besonderes Spiel aus Licht- und Schatten die Farben und deren Wahrnehmung zutiefst beeinflussen. Dadurch wirkt die Skulptur lebendig und bei jeder Witterung vollkommen anders.

Sean Scully vor der neuen Skulptur „Shadowing Stack“ © Sean Scully/ Ludwig Museums Koblenz. Photo: Thomas Frey, 2024
Sean Scully, „Shadowing Stack“, 2018, Cortenstahl, Schenkung des Künstlers an das Ludwig Museum Koblenz © Courtesy Sean Scully
Sean Scully, „Shadowing Stack“, 2018, Cortenstahl, Schenkung des Künstlers an das Ludwig Museum Koblenz © Courtesy Sean Scully

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