Wolf Vostell

„Mad Special“ ist repräsentativ für die von Wolf Vostell in den 1960er Jahren geschaffenen Werke und entsteht in einem für den Künstler sehr wichtigen Jahr. Auf einer überlebensgroßen Leinwand sind in Reihen neben- und übereinander, als Quer- oder Hochformate ausgerissene Seiten von deutsch- und englischsprachigen zeitgenössischen Illustrierten collagiert. Text und Bild lassen sich durch farbliche Verwischungen an einigen Stellen nur noch teilweise identifizieren. Am rechten unteren Bildrand ist die Titel gebende Cover-Seite einer Spezial-Ausgabe der Zeitschrift MAD quer zum hochformatig angelegten Bild collagiert. Oberhalb sowie nach links hin sind Seiten von Zeitschriften aufgebracht, die offenbar als „Auswüchse“ einer „verrückten“ Welt zu deuten sind: So sind im Besonderen Kritiken über den Nutzen bestimmter Medikamente Bildern von nackten oder im Bikini posierenden jungen Frauen aus der Klatschpresse gegenüber gestellt. Hinter die Leinwand sah Wolf Vostell vor, zwei Fernseher aufzustellen, die somit das hier ausgebreitete Panorama einer von Menschenhand im Zerstörungsprozess befindlichen Welt noch „vertont“: „Als ich 1954 das dé-coll/age Prinzip entdeckte, welches aus der Dekomposition der konkreten und sichtbaren Formen und Kategorien besteht, fiel mir auf, dass alle Wechsel von Formen, Geräusche oder Klang produzieren. … Die Ambivalenz unseres Lebens produziert unerklärliche Ereignisse. Das Ritual des Lebens ist begleitet von Tönen.“ (Wolf Vostell, Notizen zu meiner Musik, Ausst.-Kat. 1985, Beiheft S. 5, 11)

Wolf Vostell unternimmt bereits 1958 erste Experimente mit TV-Geräten, indem er die Bilder mit Hilfe von Magneten manipuliert. Noch im selben Jahr integriert er als Erster einen Fernseher in eines seiner Werke („Deutscher Ausblick“, Berlin). Damit wird Vostell zum Pionier der Videokunst. Seit 1959 entstehen seine zum Gestaltungsprinzip erhobenen dé-coll/agen mit Fernsehern sowie Umdrucken und Collagen von Reproduktionen aus Zeitschriften auf Papier. Die sodann – teilweise auch vom Publikum – auf dem Werk ausgeführten Verwischungen wirken mit den Aussparungen in den Bildern und Texten formal wie die zuvor entstandenen Werke anderer Materialität: Es sind die Abrisse von Plakatwänden mit denen er begann. Es folgten verwischte, übermalte Fotomontagen. Beides brachte Vostell kunsthistorisch in die Nähe der Nouveaux Réalistes. Durch seinen umfassend gesellschaftskritischen, aktionistischen Ansatz sowie der mit Fernsehern und anderen Objekten des Alltags erweiterten, installativ gedachten Kunstform jedoch unterscheidet er sich von diesen. Tatsächlich sollte das Happening als – wie er selbst sagt – „lebendig gemachte Pop Art oder objet-trouvé des Lebens“ für Vostell im Entstehungsjahr von „Mad Special“ die für ihn wichtigste und am stärksten gesellschafskritische Ausdrucksform werden.

Werke in der Sammlung Ludwig

Mad Special & 2 TV, 1962, Verwischung und Collage auf Leinwand, 2 SW-Fernseher, 190,2 x 145 cm, Inv. Nr. LM 1992/61

Partitur Staubsaugersymphonie, 1995, Notenpapier, elektr. Kabel, Steine, Stecker u.ä. in einem schwarzen Holzkasten, 73 x 53 x 12,5 cm, LM LG 1995/87

 

Audioguide Wolf Vostell Mad Special & 2TV:

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