Toni Grand

Schon in den frühen Zeichnungen der Jahre 1970/1971, ausgeführt auf Ingres-Papier, wird das Anliegen von Toni Grand deutlich: die Untersuchung von organischen Strukturen, von der Wirkung unterschiedlicher, teilweise auch veränderter Materialien im – hier collagierten, geklebten – Verbund mit anderen Materialien. Oft wirken Grands Werke in der einen, etwa der oberen Blatthälfte wie Positivformen, in der anderen, unteren wie die Negativformen einer geordneten Struktur. Hierin zeigt sich Grands Verbindung zur Gruppe Supports/Surfaces, man muss nur an die gestempelten Arbeiten von Louis Cane denken oder an die frei in den Raum gehängten Stoffe seines Jugendfreunds Claude Viallat. Es geht Toni Grandum die Konstituentender Kunst, um die die Mitglieder permanent antreibende Frage, was Kunst ist und wie sie in einen Dialog mit dem sie umgebenden Raum tritt. Toni Grands Schwerpunkt liegt als Bildhauer gleichwohl im Bereich der Frage nach den unterschiedlichen Wirkungsweisen, Strukturen und Linien der Supports, der Bildträger. Bis zum Ende der 1960er Jahre arbeitet er ausschließlich mit den Materialien Blei, Aluminium und Stahl; Materialien, wie sie auch die dem Minimalismus zugerechneten amerikanischen Künstler wie Carl André, Donald Judd und Richard Serra verwenden. Seit dem Ende der 1960er Jahre verwendet Toni Grand etwa ein Jahrzehnt lang nur Holz. Seit etwa Mitte der 1970er Jahre experimentiert er in seinem Atelier in Mouriès außerdem mit synthetischem Harz. Mit dem Material Stein probiert er sich in den Jahren 1984 bis 1986. Aus dieser Zeit stammt auch das 1985 entstandene Werk des Ludwig Museums. Das Material Stein ist für Toni Grand ein weiteres Element, das die Möglichkeit zu einem Wechsel bietet, indem es voluminöse und in Kompartimente unterbrochene Strukturen aufweist. Toni Grand ersetzt das Holz als Kern von Polyesterskulpturen zunächst also zunehmend durch Steine (wie im vorliegenden Fall) und später durch den Fisch, „als folgten in seinen bildnerischen Vorstellungen die Mineralien und Tiere den Pflanzen und als drängte das Element des Wassers langsam das der Erde in den Hintergrund“ (Wolfgang Becker, in: Ausst.-Kat. 1994, S. 25). Am bekanntesten wird Toni Grand tatsächlich mit dieser Art von Arbeiten, die er bis zu seinem Tod fortführt: Die schuppenlosen Fluss- und Seeaale werden im Verbund mit Holz oder Stein verarbeitet. Nach einer Behandlung mit Formol werden sie in Kunstharz oder Fiberglas, wie es auch schon im Werk des Ludwig Museums Verwendung findet, eingelassen. Den Künstler interessiert die Länge des Fischs. Das im Ludwig Museum befindliche Werk markiert also mit dem frei modellierten Kunstharz, das Teile der Steine einschließt, eine Station auf dem Weg von Toni Grand. Das weiche Material kontrastiert zu dem harten des Steins. Es folgt aber seinem Umriss und verschärft damit trotz seiner Leichtigkeit suggerierenden Milchigkeit die Unschärfe der Form. Die Fiberglashülle scheint das reale Gewicht des Steins zu vermindern, so als schwebe der von Polyester umschlossene Teil des Steins. Die Tektonik des Ensembles wird eine andere, gerade dann, wenn sie in einem leeren, großen Raum platziert wird. Es ist ein bewusst von Toni Grand gewünschtes déplacement, ein sich aufdrängender désaccord, der sich auch nicht verflüchtigt, wenn man die Skulptur in ihrer Allansichitigkeit umschreitet.

Werke in der Sammlung Ludwig Koblenz

ohne Titel, 1985, drei Steine und Fiberglas, 82 x 200 x 65 cm, Inv. Nr. LM 1992/40

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