Durch den freundschaftlichen Kontakt zu Künstlern wie Wassily Kandinsky, Otto Freundlich oder Robert und Sonia Delaunay setzt sich Poliakoff bereits Anfang der 1930er Jahre mit den verschiedenen Strömungen der Avantgarde auseinander. Zwar beginnt sein Schaffen gegenständlich, doch findet er rasch zu seinem persönlichen Ausdruck mit Kompositionen, die sich ausschließlich aus Formen und Farben zusammensetzen. Seinen einmal geprägten Motiven, den in sich verschränkten Farbformen, bleibt Poliakoff sein ganzes Werk lang treu. Er variiert zunächst die Farben, hat Phasen mit leuchtenden Tönen, konzentriert diese jedoch später auf eine immer kleinere Palette, über erdige Farbtöne bis hin zu seinem nahezu monochromen Spätwerk. Auch die Komposition aus dem Jahr 1951 zeigt eine ausgewogene Balance von Farbe und Fläche. Poliakoff siedelt die schollenförmigen Farbflächen entlang einer horizontalen und einer vertikalen Achse an, die sich virtuell mittig im Bild treffen. Der Hintergrund wirkt geradezu in vier Rechtecke geteilt. Die obere linke und die untere rechte Hintergrundsfläche sind mit Dunkelblau bzw. Violett eher düster gehalten und treten dadurch zurück. Das dunkel lodernde Rot der unteren linken und das gedämpfte Weiß der oberen rechten Ecke dominieren dagegen zusammen mit den zersplitterten Farbflächen des Vordergrundes die Gesamtkomposition. Poliakoffs Palette ist zwar vielfältig, doch wirken die Tonwerte noch nicht so strahlend wie in den Werken der späteren 1950er Jahre. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Poliakoff die Farbflächen in seiner üblichen Manier zum Teil mehrfach übermalt hat. Unter dem Rot tritt deutlich ein Ockerton hervor, während umgekehrt unter dem angrenzenden Ocker ein Rot sowie ein dunkler Farbton hervorblitzen. Auch das Weiß war einst dunkel angelegt, das dunkle Violett der rechten unteren Ecke vormals in Rot gehalten. Der Betrachter kann am Werk geradezu dessen Entstehungs- und Findungsprozess ablesen. Man scheint sogar nachspüren zu können, wie sich Poliakoff die Verteilung der Farben erarbeitet hat, um zu seiner endgültigen ausgewogenen Farbflächengestaltung und einer Lebendigkeit der Farben zu finden. In der „Komposition“ im Ludwig Museum verwendet Poliakoff neben den Farbflächen noch ein weiteres Element: dunkle Linien, die Konturen andeuten, jedoch außerhalb der Flächen verlaufen. Diese vermitteln zwischen den unterschiedlichen Farbbereichen und Flächenformen. Wie Puzzleteile greifen so Farben, Flächen und Linien ineinander und bilden eine rhythmisch ausgewogene Komposition von Farbklängen.
Werke in der Sammlung Ludwig Koblenz
Komposition, 1951 Öl auf Leinwand 130 x 97,5 cm, Inv. Nr. LM 1992/31