R. B. Kitaj

Ronald B. Kitaj gehört Anfang der 1960er Jahre zu einer Gruppe von Künstlern, die später als School of London Berühmtheit erlangen sollte. Zu ihren Künstlern zählen unter anderem Frank Auerbach, Lucian Freud, Francis Bacon, Leon Kossoff und David Hockney. Zu einer Zeit, als das Informel und der Abstrakte Expressionismus tonangebend sind, wenden sich diese Künstler bereits wieder der Figuration zu. Zeitgleich zu den Pop Art- und Nouveaux Réalistes-Künstlern entwickeln sie eine eigene Sprache der Malerei. Um 1980 wird Kitaj als Pionier dieser Neuen Figuration angesehen, die sich in Europa und Deutschland entwickelt. Er selbst wird in den 1980er Jahren mit seiner Malerei in einen künstlerischen, aber auch thematischen Dialog zu Künstlern wie Anselm Kiefer treten, der sich wie Kitaj mit der Aufarbeitung der deutsch-jüdischen Geschichte und des Holocaust befasst. Dabei wird Kitaj stets ältere Kunstwerke als Ausgangspunkt seiner Kompositionen nehmen, die er formal zitiert und deren Kenntnis zum Verstehen der Bildinhalte wesentlich beiträgt. Kitaj hat in den 1970er Jahren begonnen, sich in seiner Malerei mit der eigenen Existenz auseinanderzusetzen, zumal seine Mutter russische Jüdin ist. So gelangt er zu einer Identifikation mit dem jüdischen Volk und dessen Schicksal während des Holocaust. Menschen, die Kitaj kannte oder die er auch nur imaginiert, zählen nun wiederkehrend zu seinem Bildrepertoire. „Kenneth Anger &Michael Powell“ gehört zu den Porträts imaginärer Personen, die Kitaj seit den späten 1960er Jahren malt. Das Bild gibt den Blick in ein Interieur mit einem Tisch frei, an dem zwei Männer sitzen. Auf dem Tisch vor ihnen liegt ein Spielfeld, das sich im Spiegel an der Wand vergrößert wiederfindet. Die beiden Männer scheinen in sich versunken, die vorderste Figur lässt kaum etwas Konkretes erahnen, wohingegen der Mann hinter dem Tisch im Profil angelegt ist und die Hand wie zum Nachdenken ans Kinn gelegt hat. Im Hintergrund glaubt man, eine Tür und – vielleicht hinter einem Tresen – eine weitere, nur in Schwarz-Weiß, ganz schemenhaft angelegte Figur zu erahnen. Charakteristisch für Kitajs malerischen Stil in dieser Zeit ist die Verbindung von figurativen, ornamentalen und abstrakten Bildelementen, die er mittels einer sehr lasierenden Maltechnik collagenhaft, bruchstückhaft und wie in Gedankenfetzen nebeneinander appliziert. Kitaj selbst hat von der filmischen Technik des Überblendens gesprochen, die ihn zu diesem Stilmittel angeregt habe. Die Figuren erhalten dadurch etwas Flüchtiges. Gerade Anfang der 1970er Jahre erzeugen Kitajs Kompositionen eine starke Koloristik und eine luzide Transparenz, zugleich aber auch ein hohes Potenzial an inhaltlicher Hermetik, die ein Eindringen in die Kontexte erschwert.

Werke in der Sammlung Ludwig Koblenz

Kenneth Anger & Michael Powell, 1973, Acryl auf Leinwand, 240 x 145 cm, Inv. Nr. LM 1992/60

 

Audioguide Kitaj – Kenneth Anger & Michael Powell:

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