Jochen Gerz

Die vierteilige Fotoarbeit von Jochen Gerz entsteht 1989, unmittelbar vor dem Niederreißen der Mauer, die den Westen und den Osten Deutschlands für fast dreißig Jahre vonein- ander getrennt hat und die zum Symbol für den Zweiten Weltkrieg und die daraus resultierte Teilung Deutschlands wird. Nicht nur politisch vollkommen divergierende Staatsformen etablieren sich in den beiden deutschen Staaten, sondern auch menschliche Schicksale verbinden sich mit der Errichtung der Mauer, die zur Demarkationslinie zwischen Leben und Tod wird. Jochen Gerz’ Werk „Erase. The Past“ fasst zwei Motive zusammen und wiederholt diese Zweiteilung insgesamt viermal. In der ursprünglichen Version waren beide Motive in acht verschiedenen Größen dargestellt. Alle „Erase“-Tafeln waren in der Galerie Vier in Ost-Berlin ausgestellt, wohingegen die jeweiligen Paare „The Past“ in der Galerie Dreher in West-Berlin zu sehen waren. Nur wenn es einem Besucher gelang, beide Ausstellungsorte zu besuchen, hatte er die Chance, sich der Gesamtheit der Arbeit, vor allem aber auch der Konsequenzen dieses emotionalen Appells bewusst zu werden. In „Erase. The Past“ geht es um das Auslöschen unangenehmer Erinnerungen, die durch den zunächst eher harmlos aussehenden „Hochsitz“ angelegt sind. Sehr bald aber begreift der Betrachter, dass es sich hier um einen Wachturm der Grenzposten handelt, der innerhalb einer weiten Landschaft die Absurdität der politischen Vorgaben verdeutlicht. Die Idee des Vergessen-Machens, des Auslöschens von Vergangenem, wird durch die beiden Signalfarben Schwarz und Rot angelegt und unterstrichen. Neben dem eher kleinen Foto stehen die weiße, die schwarze und die rote Bildfläche wie Mahntafeln zu dem Schriftzug. Die Aufteilung von Schrift und monochromer Bildfläche unterstreicht zudem einen Bewegungsstrom, der sich nur im Abschreiten der Bildtafeln erzielen lässt und so den Gedankenprozess als ein sukzessives Begreifen erst ermöglicht.

Werke in der Sammlung Ludwig Koblenz

Erase. The Past, 1989, vier Paar Fotografien, Inv. Nr. LM 1992/75

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