Claude Viallat

Der Betrachter der Werke von Claude Viallat fühlt sich erinnert an die gouaches découpées von Henri Matisse zum einen und die Formensprache von Hans Arp zum anderen. Das Prinzip aber ist ein anderes. Treffend bringt es Edwin Lachnit auf den Punkt: „… die höchst bewusste Kultivierung des Anspruchslosen als malerisches Prinzip ist natürlich eine intellektuelle Entscheidung von größter Tragweite, eine gezielte Attacke gegen jeden bürgerlichen Kunstbegriff.“ (in Ausst.-Kat. 1995, S. 19)

Entsprechend werden Viallats Werke in Ausstellungen nicht etwa konform in Reih und Glied an den Wänden präsentiert, sondern sie „überziehen“ die zur Verfügung stehende Fläche an der Wand regelrecht und breiten sich dann auch am Boden aus. Wie Fahnen und Tücher sind sie neben- und übereinander, gerade oder schräg angebracht. Zuweilen wird der Bildträger auch seiner ursprünglichen Funktion zurück überführt, indem etwa ein Zeltstoff wieder über das zugehörige Gestänge gelegt wird und so der Raum nun auch durch Werke von objekthaftem Charakter aktiviert wird.

Beidseitig bearbeitet hängen die Bahnen und Tücher sogar frei im Raum. Dies gilt auch im Fall des 1967 bearbeiteten Stoffes des Ludwig Museums, wo eine ausgegrenzte Kombination von vier Elementen das Zentrum einnimmt und die Farbigkeit sogar auf beiden Seiten unterschiedlich gewählt ist, beinahe wie bei einer Negativ-Positiv-Form. Der Betrachter muss sich für eine Seite entscheiden, das „Bild“ hat zwei Seiten und die Beschäftigung mit Bildträger und Fläche, mit Support und Surface wird auf das Beste veranschaulicht.

Das elf Jahre später entstandene Werk ist sehr viel größer und annähernd quadratisch. Es ist im Zentrum in zwei gleich große, längsrechteckige Felder aufgeteilt und an den Rändern umlaufend jeweils in zwei Kompartimente unterteilt. Die Form überzieht jetzt in regelmäßigen Abständen in einer gitterartigen Struktur den gesamten Stoff, läuft gar bei den angefügten Stücken, die in Fransen auslaufen, bis über die Bildränder hinaus. Die fröhliche Buntfarbigkeit und der wechselnde Richtungsverlauf der Form sind Merkmale, die an Patchwork erinnern. Zahlreiche Werke der zweiten Hälfte der 1970er Jahre sind so angelegt und zeugen von der Auseinandersetzung des in Südfrankreich beheimateten Viallats mit dekorativen Effekten des mediterranen Wohnraums. Schließlich entlehnte Viallat sein Abdruckverfahren in den 1960 er Jahren einem „in den Mittelmeerländern benutzten Verfahren, die Küchen zu tünchen … Ein Schwamm wird in einen Eimer mit blauer Kalkfarbe getaucht und systematisch auf die weiße Wand gedrückt. Dieses Abdruckverfahren, angewandt auf irgendeine Form, die man auf eine nicht aufgespannte und nicht appretierte Leinwand drückt, sollte sich als außerordentlich produktiv erweisen“ (Claude
Viallat, in: Ausst.-Kat. 1987).

Werke in der Sammlung Ludwig

ohne Titel, 1978, Öl auf Leinwand, 243 x 235 cm, Inv. Nr. LM 1992/38

 

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